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Beckenbodenfunktionsstörung

Dr. med. Armin Fischer ist Chefarzt der Frauenklinik Klinikum Werra-Meißner Kreis, Beckenbodenschwerpunkt Werra-Meißner Kreis

Was kann EEMA-Training bewirken?

Nicht nur in der Sportmedizin, sondern auch in der Gynäkologie findet die Anwendung von Elektrotherapie statt. Dr. Armin Fischer und Alexander Lehmann berichten über die Effekte eines durch externe Elektro-Muskuläre-Aktivierung (EEMA) unterstützen Beckenbodentrainings auf die Beckenbodenmuskulatur und deren strukturelle und funktionelle Störungen bei Frauen.

„Die Anwendung der Elektrizität in der Gynäkologie erfordert einige Spezialkenntnisse, welche in der allgemeinen Elektrotherapie nicht gelehrt werden…“. Dieser Satz hat nach wie vor Gültigkeit und ist im Zusammenhang mit EEMA hochaktuell. Bis heute besteht ein reges Interesse der Sportwissenschaft an der EMS zur Leistungssteigerung. Wir haben 11/2014 begonnen, diese Behandlungsform bei drei unterschiedlichen Indikationsgruppen im Bereich der Beckenbodenfunktionsstörung einzusetzen. Die Behandlung mit moduliertem Mittelfrequenzstrom bei der EMA (Elektrische Muskuläre Aktivierung) wirkt durch einen von außen eingebrachten Strom und scheint effektiver, weil diese Stromform auf der Ebene der Muskelzellen aktiviert und nicht über den Nerven, der oftmals geschädigt ist. Der modulierte mittelfrequente Strom ist in seiner Form und seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten dem Gynäkologen nicht als Stromform geläufig. Sportmediziner und Physiotherapeuten haben hier evtl. einen gewissen Wissensvorsprung.

Aus urogynäkologischer Sicht muss eine Einbindung des Beckenbodentrainings möglichst in ein auch akzessorische Muskelstrukturen einbeziehendes Training (optimal wäre ein Ganzkörpertraining) erfolgen, bei dem auch funktionelle Bezüge wie Alltag und Sport berücksichtigt werden. Im Rahmen der indikationsspezifischen Konzepte für Prävention, begleitende Behandlung und Rehabilitation nach Geburt und Operationen am Beckenboden in der Urogynäkologie bzw. „Perineologie“ (kombiniert urogynäkologisch-koloproktologisches Betätigungsfeld) stellt das elektround physiotherapeutische Konzept eine sinnvolle und unbedingt notwendige Ergänzungen des bisherigen Behandlungsspektrums dar, da die von Beckenbodenfunktionsstörungen betroffenen Personen ein nahezu lebenslanges Training durchführen müssen.

 


Wir untersuchten also, in welchem Umfang es möglich ist, durch ein mittels Elektro-Muskulärer-Aktivierung (nachfolgend EMA) unterstütztes Beckenbodentraining die Problematik der Beckenbodenfunktionsstörungen bei Frauen günstig zu beeinflussen. Bei 150 Frauen, die u.a. wegen Inkontinenz in der urogynäkologischen Sprechstunde im MVZ-Rheingau vorstellig wurden, wurde ein durch EMA unterstütztes Beckenbodentraining über einen Zeitraum von drei Monaten durchgeführt (20 Sitzungen, 2 Sitzungen pro Woche). Durch einen Vorher-Nachher-Vergleich der Daten lassen sich Rückschlüsse ziehen, ob sich die Situation der Frauen durch die Therapie verändert hat. Kollektiv und Ergebnisse siehe Tabellen.

Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass das EEMA-Training der Beckenbodenmuskulatur objektiv sehr erfolgreich ist. Wir konnten eine Zunahme der Struktur der äußeren Beckenbodenmuskelschicht um durchschnittlich ca. 20 Prozent erzielen. Die Stärkung der kaudalen Levatormuskulatur lag ebenfalls im Bereich von 20 Prozent, während die Stimulation mit moduliertem mittelfrequentem Strom eine strukturelle Steigerung um ca. 30 Prozent im Bereich der kranialen Levatoranteile bewirkte, mit einer deutlichen Verbesserung der Substanz der kranialen Kante, die zum Tragen von Pessaren oder zum Gegenhalt für den abdominellen Druckanstieg den „erste Posten“ darstellt. Betrachtet man das Oxford-Grading, so spiegelt sich dieser Unterschied in der Tiefenwirksamkeit des MET-Stromes ebenfalls, zumindest angedeutet wider. Während im äußeren Bereich die Zunahme des Grading bei Werten zwischen 1,35 und 1,45 liegt, ist die Zunahme in der Tiefe mit 1,75 etwas deutlicher ausgeprägt, am deutlichsten manifestiert sich der muskelaufbauende Effekt im Bereich der kranialen Kante, wo der Zuwachs bei 2 Punktwerten liegt.

Diesem doch deutlich über dem Erwartungswert (basierend auf den Ergebnissen bei konventioneller multimodaler Beckenbodentherapie, wo der Zuwachs bei maximal 1 Oxfordgrading-Punkt liegt) liegenden objektiven Ergebnis stehen die subjektiven Angaben der Frauen gegenüber. Erstaunlicherweise ist der Mittelwert der subjektiven Einschätzung der Behandlungseffektivität bei den Drang- und Belastungsinkontinenzpatientinnen leicht höher als bei den wegen Beckenbodensenkung therapierten Frauen, in Mittel liegt der Wert bei 6,8 ± 0,1 Punkte auf der VA-Skala. Dabei empfanden die Inkontinenzteilnehmerinnen des Programmes den Zugewinn an Beckenbodenkraft etwas stärker als die Senkungspatientinnen, die ihrerseits aber in Punkto „Lebensgefühl insgesamt“ etwas besser beurteilten. Hier wurde ein maximaler Mittelwert von 7,12 VAS-Punkten erzielt. Bemerkenswert hierbei ist, dass 75 Prozent der Patientinnen Punkte über dem Wert „6“ vergeben haben, das heißt, der Behandlung einen merklichen bis deutlichen Effekt attestierten.

Service

Ein EEMA-gestütztes Stufenkonzept der Beckenbodenmuskelrehabilitation und Re-Edukation finden Sie in der online-Version des Artikels auf www.sportaerztezeitung.de oder auf Anfrage unter info@thesportgroup.de

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